Märchenhaftes Ende eines schwierigen Schuljahres
Musical-Uraufführung „Der Bärenhäuter“ am Zabergäu-Gymnasium – zwei glanzvolle Aufführungen in unterschiedlichen Besetzungen
„Macht’s genauso gut wie gestern“, flüstert Daniel Strasser am vergangenen Samstag seinen Brackenheimer Philharmonikern zu. Und schon flitzen die Geigenbögen über die Saiten, ertönen die vollmundigen Bläser, marschieren die bewaffneten Soldaten im Stechschritt zur dramatisch wuchtigen Ouvertüre mit aufpeitschendem Ende zur Bühne.
Mit dem kurzweiligen, schwungvollen, amüsanten Musical „Der Bärenhäuter“ reißen die vielen Ensembles des Zabergäu-Gymnasiums an zwei Abenden - mit der üblichen Doppelbesetzung der Hauptrollen - das Publikum im Bürgerzentrum immer wieder zu kräftigen Beifallsbezeugungen hin.
Musik und Text stammen von Siegfried Liebl und basieren auf dem Märchen „Der Bärenhäuter“ der Gebrüder Grimm.
Der Wiedereinstieg in die Proben nach Corona – die Aufführung sollte schon 2020 sein - ist nicht leicht und beginnt erst im April mit einem neuen Casting. Unter den 95 Akteuren sind Fünftklässler, mit denen man bei null anfangen muss. „Da musste man Gas geben“, sagt Regisseurin Sarah Jenz. Aber das Märchen sei schön und gut verständlich, die Musik eingängig, wenn auch mit anspruchsvollen Passagen, die die Teilnahme von Oberstufenschülern und Abiturienten nötig machen. Doch: „Das kriegen wir schon hin.“ Eine Meinung, die auch Chorleiterin Miriam Burkhardt und die anderen Kollegen teilen.
Nach dem Krieg droht dem arbeitslosen Soldaten (Emma Schulze/am Freitag Taren Leckebusch) der Hungertod. Seine Brüder haben nur Spott für ihn übrig und jagen ihn vom Hof – mit einem wunderbar gesungenen melancholischen Solo von Emma.
Tanzszenen der Tanz-AG von Inge Schön zu klagenden Geigen unterstreichen die hoffnungslose Situation, die sich schlagartig ändert, als die beiden Teufelchen (Oscar Hutzenlaub und Naemi Jaißle, 5c) auftauchen und ihm einen Deal nach einer zu bestehenden Mutprobe mit einem Bären vorschlagen. „Ey, Alter, was war das denn?“, kann der Teufel nur staunen, als der Soldat diesen besiegt. Der Deal steht: ewiger Reichtum, wenn er sieben Jahre überlebt, ohne das Vaterunser zu beten, sich nicht wäscht, kämmt, Nägel und Haare schneidet und sich in den Mantel des Teufels und die abgezogene Bärenhaut kleidet. Stirbt er, gehört er dem Teufel. Und dazu legt Oscar einen höllisch guten Auftritt hin, rappt textsicher in einer Geschwindigkeit, der man kaum folgen kann, tanzt, rockt das Bürgerzentrum. APPLAUS!
Der musikalische Stilmix bietet jedem etwas: Marsch, Polka, Rap, klassische Geigen, schmachtende Liebeslieder oder auch Zitate alter Meister. Die grimmsche Sprache der beiden Erzählerinnen rechts und links der Bühne, Rosa Drobny und Lisa Kneer, würzt der Autor mit viel Sprachwitz und aktuellen Gags. Schwäbisch – auch schon mal derb - erklingt in den fröhlichen Massenszenen im Wirtshaus, die beim Publikum besonders gut ankommen.
Der Soldat lebt anfangs sorgenfrei, verteilt Geld, auf dass man für ihn bete, verkommt jedoch zu einem stinkenden Waldschrat, halb Rübezahl, halb Struwwelpeter, sodass nicht einmal der schwäbische Wirt (Benjamin Baumbusch) ihn beherbergen möchte.
Herrlich die Wirtshausszene mit dem großen Chor, der den alten Gassenhauer „Auf dem Donnerbalken“ inbrünstig schmettert. Am Ende fliegt gar als Reminiszenz an den Lockdown eine Klopapierrolle über die Bühne. Riesiger Applaus!
Als der Soldat einen armen Mann (Annika Lahme/Nacara Leckebusch) vor dem Ruin rettet, verspricht dieser ihm dankbar eine seiner drei Töchter zur Frau. Doch nur die Jüngste (Cosima Naffin/Vivienne Wörthwein) willigt ein, muss aber noch drei Jahre warten, bis die sieben Jahre des Deals um sind. Berührend das perfekte Solo der Braut, ebenso das anrührende Liebesduett zweier brillanter Stimmen, „Vergiss mich nicht!“
Ende gut, alles gut: Der Soldat überlebt und lässt sich von den Teufeln ordentlich herrichten, bevor er schöner als je zuvor seine Braut heimführt.
Die Teufel bekommen dafür zwei Seelen: die der neidischen, bösen Schwestern, die sich das Leben nehmen.
Verdienter ausgiebiger Applaus und Zugabe-Rufe nach der grandiosen Aufführung! Begeisterte, bewundernde Kommentare und strahlende Gesichter vieler Zuschauer. Und wenn man Elias, 6, fragt, was ihm am besten gefallen hat, hat er blitzschnell eine Antwort parat: „Der Teufel natürlich!“
Kommentar Siegfried Liebl
Nach eigenen Musicals wie „Candy Can Die“, „Foul“, „PISA“, oder „Spam“ hat der „Hauskomponist“ des Zabergäu-Gymnasiums Siegfried Liebl nun sein Lieblingsmärchen, dessen nordische Mentalität ihm gefällt, umgesetzt.
Den virtuosen Geigerinnen Anna Klooz, Abiturientin, sowie Pauline Langer (J1) hat er herausfordernde Soli gewidmet – die sie meistern. Auch die Anforderungen für die Sänger sind nicht leicht. - „Das Unmögliche erreichen!“ Das sei der Kick.